Newsletter des Kulturbahnhofs
Geschichte des Kulturbahnhofs
Der Bahnhof Hiltrup - Stummer Zeuge glanzvoller Zeiten (16.08.2022)
Die Geschichte des Bahnhofs beginnt am 4. März 1846 mit der Genehmigung des Baus einer 34,7 km langen Eisenbahnlinie zwischen Münster und Hamm. Bereits am 28. Mai 1848 wurde auf dieser ersten Eisenbahnlinie im Raum Münster mit drei Zügen täglich der Betrieb aufgenommen. Die Haltestelle für Hiltrup, Albersloh, Amelsbüren und Wolbeck lag am Grenzwerk in der Hohen Ward und hieß "Station Dicke Wief", in Anlehnung an das nahegelegene Gasthaus "Dicke Wieve". Inmitten der Heide lag die Haltestelle, ungefähr 20 Minuten zu Fuß vom alten Dorf entfernt. Die Lage war zu abgelegen, so dass sich der bekannte Reichskonsul a. D. August Schenking dafür einsetzte, die Station näher an den Ort Hiltrup zu verlegen. Er stellte Geld und Grundstück bereit, und zum 01.08.1868 wurde die Personenhaltestelle nach Hiltrup an den heutigen Standort am damaligen alten Landweg nach Wolbeck, der heutigen Marktallee, verlegt. Hier erhielt der Bahnhof Hiltrup auch das erste Empfangsgebäude.
Mit Zunahme des Personenverkehrs wurde ein neues Empfangsgebäude im Jahr 1907 eingeweiht. Der Eisenbahnanschluss und der Kanalbau von 1899 brachten weitere Wachstumsimpulse. Sie waren der Motor für die Industrialisierung des Ortes: Zum Beispiel Glasurit (1903), heute BASF.
Den zweiten Weltkrieg hat der Bahnhof Hiltrup völlig unbeschadet überstanden. Doch schließlich kam auch für den Bahnhof die Phase des Bedeutungverlustes. Die Bundesbahn verkaufte das Gebäude, weil es zur Verkehrsabwicklung in dem Umfang nicht mehr benötigt wurde. Die Stadt Münster wurde der neue Eigentümer und versuchte, ihn soweit wie möglich zu erhalten.
Im Frühjahr 2012 wurde bekannt, dass die Stadt Münster den Bahnhof Hiltrup an den Investor Holtz Immobilien verkauft hatte. Seitens der Stadtteiloffensive Hiltrup e.V. (STOFF) wurde Kontakt mit der Firma Holtz Immobilien bezüglich einer längerfristigen Vermietung aufgenommen. Dabei stellte sich heraus, dass der Verkauf mit der Auflage verbunden war, im Bereich des Erdgeschosses Räume für kulturelle Veranstaltungen und Gastronomie vorzuhalten. Herr Holtz konnte sich durchaus vorstellen, die STOFF bei einem entsprechenden Konzept als Ankermieter zu betrachten. Es erfolgten intensive Gespräche zwischen Vertretern der STOFF, der Bezirksverwaltung und dem Bezirksbürgermeister hinsichtlich der Beteiligung an einem Konzept für die Errichtung eines Kulturzentrums in Hiltrup. Eine Beteiligung der Verwaltung an diesem Vorhaben konnte aus drei Gründen nicht erreicht werden: 1. Seit längerer Zeit arbeitete man sowohl seitens der Verwaltung als auch der Politik an einer Lösung für die Stadthalle Hiltrup. 2. Ein zusätzliches Kulturzentrum im Bahnhof wurde als Konkurrenz zur Stadthalle verstanden. 3. Für die Realisierung der Idee war keine finanzielle Sicherung vorhanden.
Dennoch entschied der Vorstand der STOFF am 1. Juni 2012, eine Machbarkeitsstudie erstellen zu lassen. Es folgten intensive Gespräche zwischen der neu gegründeten Projektgruppe mit ähnlichen Einrichtungen wie zum Beispiel in Billerbeck oder Albachten. Alle waren aber nicht vergleichbar, da in irgendeiner Form die öffentliche Verwaltung unterstützend beteiligt war, was für Hiltrup abgelehnt wurde. Dennoch waren die Kontakte hilfreich, weil wesentliche Hilfen für den Betrieb einer solchen Einrichtung gegeben wurden.
Durch Zufall erfuhr die Projektgruppe am 28.07. 2012 von der "Ausschüttung von Sparkassenüberschüssen der Stadt Münster", deren Antragsfrist am 31.07.2012 endete. In einer Nacht- und Nebelaktion erarbeitete die Projektgruppe einen Antrag zur Unterstützung des bis dahin in keiner Weise finanzierten Vorhabens mit einer notwendigen 6-stelligen Summe. Über diesen Antrag wurde die Bezirksverwaltung Hiltrup Anfang September informiert. Eine Zusage zur weiteren Unterstützung durch die offiziellen Hiltruper Stellen konnte mit Hinweis auf die drei oben genannten Argumente nicht erreicht werden.
Unabhängig von dem Antrag, über dessen Erfolg man durchaus geteilter Meinung sein konnte, warb die Projektgruppe sowohl im Rahmen von Presseartikeln als auch durch intensive Gespräche bei Firmen für ihre Idee. Bis zu diesem Zeitpunkt mit verhaltenem Erfolg.
Eine gesonderte Vorstellung des Konzeptes im Oktober 2012 bei den Vertretern der CDU des Kulturausschusses der Stadt Münster brachte nach Auffassung der Projektgruppe eine Wende. Die bis dahin als "spinnerte Idee" bezeichnete Absicht fand absolutes Interesse. Dennoch hagelte es seitens der angesprochenen Firmen Absagen. Das änderte sich mit dem 6. Dezember 2012, als die Stadt Münster mitteilte, dass sich der Vergabeausschuss dazu entschieden habe, dieses Projekt mit der Hälfte der beantragten Summe zu unterstützen. Die andere Hälfte sollten die Hiltruper aufbringen.
Von da an ging es bergauf! Zwar stieß diese Mitteilung nicht in allen Bereichen auf Zustimmung, aber mehrheitlich kamen immer mehr Einzel- und Kleinbeträge zusammen, die das Projekt der Erreichung der veranschlagten Summe näher brachten. Denn die nachweisliche Erreichung der Summe war Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages mit der Firma Holtz Immobilien und der Stadtteiloffensive Hiltrup e.V.
Die Projektgruppe arbeitete, als wäre die Realisierung der Einrichtung eines Kulturzentrums "Kulturbahnhof Hiltrup" eine abgemachte Sache. Sollte die angepeilte Summe erreicht werden, musste auch sehr bald ein Konzept vorgezeigt werden.
Die Arbeiten gingen zügig und erfolgreich voran. Nur die restlichen Gelder bis zum Erreichen der Summe blieben aus. Von der Zusage der Stadt bis zu einem Zeitpunkt des großen Zweifels an dem Gelingen verging ein halbes Jahr. Die Projektgruppe setzte sich eine rote Linie. Das Datum 12. Juni 2013 abends um 00:00 Uhr sollte darüber entscheiden, ob das Vorhaben begraben würde oder nicht. Die noch fehlenden 15.000 Euro konnten nicht eingeworben werden. Die Presse meldete: "Dunkle Wolken über dem Kulturbahnhof" und "Kulturbahnhof: 15.000 € fehlen". Am Abend des 11. Juni 2013 erhielt die Projektgruppe einen Telefonanruf von einer Privatperson: "Das alles kann nach der vielen Arbeit und den Mühen nicht an 15.000 € scheitern. Sie erhalten das Geld von mir.". Der Knoten war geplatzt! Der Kulturbahnhof Hiltrup konnte realisiert werden.
Die Vertragsunterzeichnung fand am 16.12.2013 statt. Am 23.08.2014 wurde der "Kulturbahnhof Hiltrup" in Anwesenheit des Oberbürgermeisters der Stadt Münster, Markus Lewe, feierlich eingeweiht. Der Erfolg war erbracht , aber der Weg war nicht einfach.
Dr. Horst Born und Sigi Paschwitz